TEXT - 1. Quartal 2016

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LYRIK
Sozusagen die Klassiker unter den literarischen Klassikern, nämlich Balladen, wird am Donnerstag, 28. Januar Wilhelm Wünnenberg zum Besten geben. Und wie man ihn kennt, wird er dabei Populäres (Zauberlehrling, Glocke) genauso einfühlsam interpretieren wie weniger Geläufiges. 



HISTORIE
Kurhessen 1866: Der Deutsche Bund unterliegt im Krieg gegen Preußen. Hessen wird annektiert, auch das Hinterland (Biedenkopf inklusive) fällt unter preußische Verwaltung. Wie diese sich politisch und gesellschaftlich auswirkte, kann man am Freitag, 26. Februar erfahren.



VORTRAG
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war das Hinterland, jenes geographisch unglücklich-abgeschiedene Anhängsel der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, ein armer Landstrich. Wie sich hier die Industrialisierung auswirkte, wird am Freitag, 11. März referiert.



AUSSTELLUNG
Am Mittwoch, 23. März lädt der Hinterländer Geschichtsverein zur Eröffnung der Ausstellung Von Menschen und Mäusen ein. Ein einleitender Vortrag wird allerlei Wissenswertes und Kurioses zur Kulturgeschichte der Mausefallen vermitteln.



KRIMI-LESUNG
Jetzt wird's persönlich: Am Donnerstag, 21. April wird die Dance World Wallau Teil der diesjährigen Criminale im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Rund um die Lesung von Autor Roland Spranger gibt es Tanz und Musik, serviert werden Appetithappen der Kriminalliteratur.






Donnerstag, 28. Januar 2016  


19 Uhr – Wilhelm Wünnenberg liest
Klassische deutsche Balladen: Lyrik-Lesung

Wilhelm Wünnenberg
Erinnerungen an die Schulzeit ist die Veranstaltung aus der Reihe Lyrik am Donnerstag untertitelt; freundlich neutral untertitelt, sollte man vielleicht bemerken, denn was dem Einen eine schöne Erinnerung ist, ist dem Anderen eine grausige – Balladen sind nicht jedermanns Sache. Meine allerdings schon, und so denke ich gern zurück an Herrn M., seines Zeichens Deutschlehrer, den ich aber nur in Vertretung kennen lernte, irgendwann in den Siebzigern. Da kam er in unsere Klasse, ein trotz strammen Bäuchleins drahtig wirkender, klein gewachsener Mann: Knallte die Tür auf, stürmte auf einen Tisch in der ersten Reihe zu, warf sich quer darüber, vor einem völlig entsetzten Kind, Gesicht vor Gesicht, vier weit aufgerissene Augen, und schnaubte laut: "Die Schwalbe fliegt über den Erie-See, Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee!" Hübsch illustrativ flog dazu auch Herrn M.s Spucke, aber das bemerkte er nicht; jener kurze erste Satz aus Fontanes John Maynard hatte ihn bereits hoffnungslos in Ekstase versetzt. Vom Tisch sportlich nach hinten wegfedernd (Sport war sein zweites Fach, bei den Mädels war Herr M. berüchtigt für seine Hilfestellungen), nun vor der ganzen Klasse aufgebaut, deklamierte er den Rest des Gedichts mit mal himmelwärts gerichtetem Blick, dann mit flehentlich in dieselbe Richtung gekrallten Händen; Herr M. hätte, davon war ich überzeugt, einen zwar kleinen, aber nichtsdestotrotz imposanten Hamlet abgegeben.

Die Ballade mit ihrer strengen, aber ebenmäßigen und, wenn sie gut ist, fast pulsierenden Metrik lebt vom Drama, man könnte sogar behaupten: Sie ist die filmischste aller Gedichtformen. Wer sich einmal auf sie einlässt, kann sich ihrer tiefen, stets schamlos aufs Emotionale zielenden Wirkung kaum entziehen, es sei denn, er ist ausgemachter Rationalist; dann bitte – soll er doch Brecht lesen.

Selber erschauerte ich damals, bei wiederholten Besuchen (manche fanden eher: Heimsuchungen) unserer Klasse durch Herrn M., vor dem Erlkönig und bebte beim Handschuh, machte mir fast in die Buxen beim Taucher, wünschte mir, wünschte mir so sehr, einen Freund wie aus der Bürgschaft. Aber wenn ich mir etwas wünschen darf für den Balladen-Abend bei Stephani (hören Sie mich, Herr Wünnenberg?), dann ist es der Nis Randers von Otto Ernst. Ich kann nicht mal den Inhalt dieses Gedichts zusammenfassend erzählen, ohne dabei loszuheulen. Nis Randers ist großartiger Pathos mit breiten Pinselstrichen, glitzernder Strass auf einem Kleid, für das gegen Ende des 18. Jahrhunderts, zur Blütezeit der Balladen, vor allem Schiller und Goethe die Stoffe lieferten ... auch wenn beim Lyrikabend der Uhland sicherlich ebenso wenig vergessen wird wie Heinrich Heines Romanzero.

Ingo Moses von der Musikschule Moses wird den bewährten Schgauspieler und Interpreten Wilhelm Wünnenberg an der Gitarre musikalisch begleiten. (Ankündigung im HA hier.)

5 €
Buchhandlung Stephani, Hainstr. 47, 35216 Biedenkopf
Telefon 06461 2188
oder via Mail

und
Tourist-Info Biedenkopf, Hainstraße 63
Telefon 06461 95010
oder via Mail



Freitag, 26. Februar 2016


17.30 Uhr - Geschichtliches im Bürgerhaus Biedenkopf (1)
Was das Jahr 1866 für das Hinterland bedeutete


'Die Ereignisse eines Krieges, des traurigsten , der gedacht werden kann, weil er ein Bruderkrieg war, hatten mich gezwungen, mein Land zu verlassen (…) Ich habe schmerzliche Zugeständnisse machen müssen, um meinen Hessen den Frieden wiederzugeben. Einzelne Landesteile mussten von mir abgetreten werden. Mögen die Bewohner derselben Meiner freundlich gedenken und ihrer neuen Regierung mit Vertrauen und Liebe entgegen kommen.'

So schrieb Ludwig III. von Hessen im Manifest an seine Landeskinder, nachdem Teile seines Großherzogtums (darunter das Hinterland mit Biedenkopf) von Preußen annektiert worden waren. Der erwähnte Bruderkrieg war der kurze 'Deutsche Krieg' von 1866; der mittlere jener drei so genannten Einigungskriege, die zwischen 1864 und 1871 der Reichgründung vorausgingen (an diesen wie an den Deutsch-Französischen Krieg von 1871 erinnert das Kreiskrieger-Denkmal am Biedenkopfer Marktbrunnen). Ludwig hatte verloren, und mit ihm knapp vierzig weitere, im Deutschen Bund zusammenge-schlossene Landesfürsten. Ihnen allen hatte ein Staatsverbund unter Einbeziehung Österreichs vorgeschwebt, die 'großdeutsche' Lösung, während die Preußen eine 'kleindeutsche Lösung' bevorzugt hatten und jetzt auch durchsetzten - die widerwilligen Biedenkopfer nannten sich fortan 'Muss-Preußen'. Wie sie die Umstellung annahmen, schildert Armin Sieburg (Marburg) in seinem Vortrag Das Jahr 1866 und seine Bedeutung für das Hinterland – 150 Jahre Preußische Verwaltung.

Hinterländer Geschichtsverein
Bürgerhaus Biedenkopf/Park-Hotel 
Eintritt frei




Freitag, 11. März 2016


17.30 Uhr – Geschichtliches im Bürgerhaus Biedenkopf (2)
Kartoffeln, Schafe, hohe Öfen


Industriegeschichte und Industriekultur im Hessischen Hinterland heißt der Vortrag des Marburger Professors Dr. Otto Volk. Hinter dem ein wenig trocken daherkommenden Titel versteckt sich ein spannendes Thema. Hier ein wenig im Netz Zusammengeklaubtes, um darauf einzustimmen:

Die wenig ertragreichen Böden im Hinterland zwangen die Bewohner in der Vergangenheit zu einem entbehrungsreichen Leben. Um 1800 konnte selbst beständige harte Arbeit auf den kargen Böden und bei dem rauen Klima kaum das tägliche Brot sichern. Zusätzliche Erwerbsquellen waren dringend erforderlich. Speziell aus der Schafzucht heraus (viel erfolgreicher als der Ackerbau) entwickelte sich der Beruf der Strickerinnen und Strumpfträger, die ihre weit über die Landesgrenzen hinweg verkauften. Dennoch blieb die wirtschaftliche Lage, angefeuert durch eine steigende Bevölkerungszahl und erhöhte Lebensmittelpreise, schwierig. Erst mit Hilfe der Eisenbahn konnte man die natürlichen Quellen des Hinterlandes (Bergbau und die neuen Hüttenwerke, darunter Ludwigshütte, Wilhelmshütte, Karlshütte) völlig erschließen und der Armut der Bevölkerung begegnen. Andere kleinere Gewerbebetriebe kamen hinzu (u. a. zwei Kupferschmelzen, eine Quecksilberhütte, eine Seifensiederei, eine Wollspinnerei, eine Zigarrenfabrik), langsam besserten sich die Erwerbsmöglichkeiten.

Aber man blieb weiterhin auf die Landwirtschaft angewiesen. Es entstand so der Typus des Arbeiter-Bauern, des Feierabend-Landwirts. Bis in die 1950er und 1960er Jahre hinein waren daher die Dörfer des Hinterlandes, insbesondere westlich der Linie Buchenau – Herzhausen – Mornshausen, von den sogenannten Kuh-Bauern mit ihrer Nebenerwerbs-Landwirtschaft geprägt. Das obere Perftal wiederum spezialisierte sich auf den Handel mit Butter, Eiern und Geflügel: Wanderhändler kauften ihre Waren in der Umgebung und im angrenzenden Marburger Land auf und trugen sie in Kiepen und Körben bis nach Siegen. Dafür waren sie zwei Tage unterwegs. Später schafften sie sich für den Transport mit kleinen Wägelchen als Zugtiere Hunde oder auch Pferde an. Aus derselben Region gingen viele männliche Einwohner nach 1830 als Maurer ab Ostern in die aufstrebenden Industrieregionen an Ruhr und Sieg und blieben bis zu mehreren Monaten dort. Ihre Familien sahen sie nur zu Pfingsten, zur Haupterntezeit und im Spätherbst. Erst nach dem Bau der Eisenbahnen kamen die Wanderarbeiter öfter nach Hause, wo alle Arbeiten in der oft kleinen Landwirtschaft von den Frauen zusammen mit den jüngeren Kindern und, falls vorhanden, mit den Großeltern erledigt worden waren.

Hinterländer Geschichtsverein
Bürgerhaus Biedenkopf/Park-Hotel
Eintritt frei





Mittwoch, 23. März 2016


19.00 Uhr – Ausstellungseröffnung mit Vortrag im Hinterlandmuseum
Aus die Maus: Kleine Kulturgeschichte der Mausefallen


Die Ausstellung Von Menschen und Mäusen beleuchtet das Verhältnis zwischen Mensch und Maus facettenreich anhand von Fallen, Texten und Bildern von seinen Anfängen bis heute. Der Ideenreichtum des Menschen, der Maus als Nahrungskonkurrenten mit den unterschiedlichsten Gerätschaften den Garaus zu machen, war und ist unerschöpflich.

160 unterschiedliche, historische und zeitgenössische Fallen zeigen, wie der Mensch den kleinen Nager seit der Jungsteinzeit nach dem Leben trachtet. Während die älteste Falle eine getöpferte Falle aus Tunesien aus der Zeit 1000 Jahre vor Christi Geburt ist, stellt die Hightech-Falle, die bei Fangerfolg eine SMS verschickt, das vorläufige Ende der Entwicklung im 21. Jahrhundert dar. Die Ausstellung, mit einem fachkundigen Vortrag eröffnet des Grünberger Fallensammlers Reinhart Ewert bietet viel handwerklich solide Gearbeitetes, serienmäßig Produziertes und kreativ Erdachtes.

Eintritt frei
Hinterlandmuseum Schloss Biedenkopf
Sonderausstellung bis zum 29. Mai 2016
ab 1. April 2016 geöffnet, dienstags bis sonntags, 10 bis 18 Uhr





Donnerstag, 21. April 2016


20 Uhr - Krimi vor der Haustür 
Kriminell gut: Trickreicher Tango 


Die Dance World wird Teil der diesjährigen Criminale im Landkreis Marburg-Biedenkopf und in Marburg. Denn sie ist Schauplatz eines finsteren Verbrechens. Roland Spranger, seines Zeichens Schauspieler, Autor und als letzterer Träger des Friedrich-Glauser-Preises für den besten Kriminalroman 2013, führt in seinem Kurzroman in die verbrecherische Welt des Henry Gennencher ein. Was dürfen wir an Verbrechen erwarten? Mord, Blut und Eifersucht rund um einen feurigen Tango Argentino-Tänzers? Ein Einbruch mit Folgen?

Auf jeden Fall erwarten uns drum herum Tanz, Musik und Appetithappen der Kriminalliteratur sowie auf Wunsch tiefgreifende Gespräche an der Bar – sei es zum nächsten Verbrechen oder zum nächsten Tanzkurs.

8 €
Dance World Wallau, Bahnhofstr. 48, 35216 Biedenkopf-Wallau
Vorverkauf unter 064641-808 697 oder via Mail